Für Scheibenbremsen sprechen durchaus ein paar Dinge:
- bessere Bremsleistung
- kein Felgenverschleiss
- weniger Dreck
dagegen sprechen:
- Gewicht
- Preis
- Fragilität
Beim Brompton kommt zum "dagegen" noch hinzu: Man müsste die Gabel verstärken und den Hinterbau verbreitern - Scheibenbremsen "einfach so" an vorhandene Gabeln dranzulöten geht oft nicht gut aus und die Gabel knickt. Scheibenbremsen auf einer 74mm Nabe ist auch eine Challenge - daher gehen die Umbauer typischerweise auf das übliche Maß von 100mm Nabenbreite mit einer neuen Gabel als Konsequenz. Hinten sieht es Ähnlich aus: Auf die eh schon sehr schmale 112mm Einbaubreite der Nabe noch eine Scheibenbremse draufzupacken ist mehr als nur sportlich und ob der bisherige eher zarte Hinterbau eine Scheibenbremse aushielte ist eine Frage. Daher gehen die üblichen Umbauten auf die standardmäßigen 135mm Breite. Konsequenz: Wer Scheibenbremsen am Brommi will braucht eine neue Gabel und einen neuen Hinterbau. Das Resultat ist ein etwas leererer Geldbeutel und ein breiteres Faltmaß. Nicht wahnsinnig dramatisch breiter, aber in beengten Situationen durchaus merkbar.
Ich habe ja nun ein Brommi mit Scheibenbremsen (Kinetics Gabel und Hinterbau) sowie diverse normale und ausserdem auch andere Räder mit Scheibenbremsen und kann daher ganz gut vergleichen.
Bremswirkung: Die Bremswirkung ist mit Scheibenbremsen durchaus besser, sonderlich relevant ist das jedoch nicht. Ich bin auch mit den Felgenbremsen bisher immer verlässlich und problemlos zum Stehen gekommen. Dramatisch finde ich den Unterschied auch nicht. Das mag aber dran liegen, dass ich mechanische Scheibenbremsen verbaut habe. Am Lastenrad habe ich hydraulische, das ist eine komplett andere Liga. Die man allerdings am Brommi beim besten Willen nicht benötigt. Alternativ kann man auch auf Magura hydraulische Felgenbremsen umrüsten, das haben einige gemacht und sind zufrieden. Bremsleistung ist besser als mit normalen Felgenbremsen, allerdings gibt es eine Gewichtspönale und das Organisieren bzw. Schnitzen der Adapter macht es nicht total trivial.
Fazit: Wer nicht ständig sehr lange, steile Abfahrten hinunterbraust (und darob Angst vor Reifenplatzern durch Felgenüberhitzung hat) hat objektiv keinen Bedarf für Scheibenbremsen. Mit sauberer Einstellung und guten Zügen und Belägen sind die Felgenbremsen völlig ausreichend.
kein Felgenverschleiss: Ist so. Und defintiv ein Vorteil. Bei Felgenbremsen sind die Bremsflanken der Felgen irgendwann zwischen 10.000 und 50.000km durchgebremst und dann muss neu eingespeicht werden mit neuen Felgen. Nervig. Allerdings: Der Verschleiss ist höchst individuell, abhängig von Gewicht, Fahrstil, Terrain, Bremsbelägen, Dreck etc.. Dennoch: Ein klarer Vorteil für die Scheibenbremsen, speziell an kleinen Laufrädern wie beim Brommi.
weniger Dreck: Ist so. Speziell hinten aggregieren sich Strassenschmutz, Kettenschmiere und Bremsstaub zu einer regelmässigen Sauerei. Die dann auch wiederum den Verschleiss der Felge fördert. Das ist bei Scheibenbremsen nicht so. Punkt für die Scheibenbremse.
Gewicht: Ist auch so. Scheibenbremsen sind schwerer als Felgenbremsen. Kein Megadrama, aber nicht zu leugnen. Beim Faltrad, das oft und gerne getragen wird durchaus relevant. Gewogen habe ich den Unterschied nie, hängt ja auch sehr von der jeweiligen Bremse und Bremsscheibe ab und ob man meint ein eventuelles Mehrgewicht durch die neue Gabel und den neuen Hinterbau miteinrechnen zu müssen. Titan geht da z.B. gar nicht, wenn man nicht seinerzeit bei Vostok eingekauft hat, als es die noch gab. Im Worst Case ist die Pönale also im Bereich von 1kg oder gar drüber. Im best Case bei vlt. 150-200g.
Preis: Solange man den Kram nicht ab Werk kriegt ist man allein durch neuen Hinterbau und Gabel in scheibenbremstauglich schon mindestens knapp vierstellig unterwegs. Dazu kommen noch neue Laufräder mit breiteren, scheibenbremstauglichen Naben und natürlich die Bremsen selbst. Die sind der günstigste Teil der Veranstaltung: Selbst für hydraulische kommt man bei geschicktem Einkauf mit 200€ davon bei Qualitätsware (Magura MT4 Vierkolbembremse). Normalerweise geht ein solcher Umbau also mit einem deftigen Schaltungsumbau einher, z.B. auf Alfine 11 oder Rohloff, für die eh ein neuer Hinterbau angeraten ist und die Scheibenbremsen sind nur ein erfreulicher Nebeneffekt. Im Prinzip könnte man sich bei Ben Cooper auch nur eine Gabel kaufen und nur vorne Umrüsten - von der Bremswirkung her hat hat man da den größten Effekt (~70% der Bremswirkung wird vorne erzielt sagt die Fahrphysik) und das ist noch vergleichsweise ökonomisch. Macht aber keiner (und das sagt auch was aus). So oder so: Solange es keine Scheibenbremsen ab Werk gibt gewinnen die Felgenbremsen hier wirklich haushoch.
Fragilität: Da gibt es zwei Themen: Speziell am Faltrad haben Leute Angst vor verbogenen Bremsscheiben. Nicht ganz grundlos, denn dann ist es ganz vorbei mit der Bremserei (und wegen heftigen Schleifens auch gleich mit der Fahrerei, wenn man nicht spontan McGyvern kann). Und ein Faltrad wird nun mal mehr durch die Gegend gebeutelt als ein normales Rad. Die Praxis zeigt: Die vordere Bremsscheibe ist innen im gefalteten Paket, da passiert gar nix. Die hintere ist weitenteils durch den Gepäckträger geschützt, da hilft Prinzip Hoffunng. Ist jedenfalls in der Praxis kein relevantes Problem meiner Meinung nach, wenn man nicht in irgendwelchen Drittweltländern sein Rad auf irgendwelche Dachgepäckträger von Bussen schmeisst neben die örtliche Kokusnussernte.

Das zweite Problem sind alltägliche Nervereien, von Schleifen bis hemmungslosem Quietschen oder nicht vorhandener Bremsleistung. Die Sache mit der Bremsleistung ist eher ein Problem früher mechanischer Scheibenbremsen (ich hatte an einem anderen gebrauchten Rad mal gut abgehangene mechanische Shimanos, das war gruselig - da war jede Stempelbremse besser). Bei aktuellen Bremsen aber kein Problem mehr. Belagverschleiss ist höher als bei der Felgenbremse meiner Meinung nach, entsprechend muss man häufiger nachstellen. Quietschen ist ein Problem, speziell bei Nässe. Solange die Bremse funktioniert ist sie super, wenn sie Mucken macht wird es nervig. Egal ob mechanisch oder hydraulisch. Da ist eine Felgenbremse erheblich unproblematischer.
Unterm Strich: Nice to have, aber am Brompton gewiss kein "must have". Gäbe es ab Werk die Wahl würde ich vermutlich mit Scheibenbremse wählen. Halte es aber für unproblematisch, dass dem nicht so ist.