Was ist daran illegal? Das ist doch eine Dienstleistung, die nicht bei jeder Sendung anfällt. Das die (nicht nur DHL) dafür Geld haben wollen ist grundsätzlich verständlich. Selbstverzoller ist die Alternative. Ob der Preis den Kosten entspricht, das ist ein anders Thema. Banken sind da noch extremer.
Grundproblem ist die Selbstbeauftragung der Versanddienstleister. Wenn man das selbst beauftragen würde wäre alles fein - das tut man aber üblicherweise nicht. Daß der angebliche Kostenersatz berechnet wird für Kosten, die gar nicht entstehen ist dann noch eine weitere Sache...
Auf die Schnelle aus dem konservierten Posting im alten Forum zitiert (daher vermutlich nicht zwingend auf dem aktuellen Stand):
<schnipp>
2. Import aus Ländern ausserhalb der Europäischen Union
Einen Grundsatzartikel gibt es
hier. Es gilt grundsätzlich folgende Regelung:
Kaufpreis + Versandkosten + (((Kaufpreis + Versandkosten + (Kaufpreis + Versandkosten * Zoll)) * Einfuhrumsatzsteuer) = Endpreis
Die ganze Angelegenheit ist also oft deutlich teurer als auf den ersten Blick ersichtlich, da Zoll auf Warenwert + Versandkosten erhoben wird und auf das Alles zusammen dann noch mal die Einfuhrumsatzsteuer. Dafür ist die eigentliche Verzollung zumindest bei Fahrradteilen vergleichsweise unkompliziert.
- Die Einfuhrumsatzsteuer entspricht dabei von der Höhe her der Mehrwertsteuer, in Deutschland also aktuell 19%
- Der Zoll beträgt auf Fahrradteile 4,7 %, auf Fahrräder 14%, auf Beleuchtung 2,7%. Fahrräder und Teile müssen den europäischen Normen (CE etc.) entsprechen, andernfalls ist ein Import nicht zulässig. Bei kompletten Fahrrädern aus u.a. China kommt noch ein
Strafzoll von 45% on top (
möglicherweise nur noch bis Ende 2016), nicht jedoch bei eBikes. Ein Fahrrad ist zollmässig (im Gegensatz zu Fahrradteilen) definiert als bestehend aus einem Rahmen, einer Gabel und mindestens zwei der Folgenden Komponenten: einem Satz Räder, einer Kurbelgarnitur, einem Steuersystem,einem Bremssystem. Sind bei Rahmen und Gabel mindestens zwei davon dabei ist es ein Fahrrad (14% Zoll), wenn nicht sind es Teile (4,7% Zoll). (Quelle: [
www.velomobilforum.de] )
- Die Versandkosten müssen eigentlich nur bis zur europäischen bzw. deutschen Grenze berücksichtigt werden, in der Praxis lässt sich das aber kaum getrennt ausweisen, bei Importen durch Privatleute erfolgt daher idR volle Berechnung. Bei gewerblichen Importen kann eine virtuelle Aufteilung der Transportkosten vorgenommen werden (z.B. 70:30), die Relation ist dabei länderspezifisch festgelegt. Diese Regel kann offenbar grundsätzlich auch bei privatem Warenimport angewendet werden, das ist aber unüblich.
- Wenn man nicht selbst am Zollamt die Verzollung erledigt kommen häufig noch Kosten für die Zollabwicklung, die der Versanddienstleister fordert - und die können es im Einzelfall in sich haben. Ob man überhaupt selbst verzollen kann hängt vom Versanddienstleister ab und davon, was der Versender beauftragt hat. Mit etwas Glück und sauberen, vollständigen Versandpapieren am Paket sowie richtigem Verhalten des Empfängers fallen hier jedoch so oder so keine zusätzlichen Kosten an. Mit dem richtigen Versender auch ohne Stress. Die Materie ist leider ziemlich unübersichtlich (auch hinsichtlich der Zulässigkeit dieser Kosten) und viele Versanddienstleister sind sehr kreativ darin Kosten zu erfinden bzw. "entstehen zu lassen", ungeachtet einer Beauftragung. Kostengünstigere Wege werden dabei oft mutwillig verschwiegen, dazu kommen Fehldeklarationen des Zollguts: Fälle wie
dieser sind nicht ungewöhnlich (aber auch nicht die Regel) - inbesondere UPS scheint sich da unrühmlich hervorzutun. Es kann auch Alles völlig problemlos ablaufen - bloss wissen tut man das vorher nicht.
Hintergrund: Oft übernimmt der jeweilige Lieferdienst (DHL-Express, FedEx, UPS ...) unaufgefordert und ohne Auftrag die Verzollung und liefert direkt aus anstatt unverzollt zum Zollamt zu liefern, das dann den Empfänger benachrichtigt. Kassiert wird meist unangekündigt bei Anlieferung, seltener später gegen Rechnung. Was neben den eigentlichen Importabgaben in Rechnung gestellt wird hängt von Einzelfall, Warenwert und Versanddienstleister ab. In der Regel wird mindestens für's Geldauslegen der Importabgaben eine sogenannte "Vorlageprovision" oder (bei DHL) Kapitalbereitstellungsgebühr (meist 2,5% des ausgelegten Betrages, "zufälligerweise" gibt es aber eine Mindesthöhe von 8.- - 10.- € + MwSt. [1] oder mehr per AGB, die bei den typischerweise kleinen Privatimporten sehr ungünstig ist) berechnet.
UPS z.B. nimmt offenbar auch gerne mal mehr Geld: Wenn der Zoll in's Paket reinschauen möchte (behördliche Beschau, 30 €) oder mehr als fünf Artikel im Paket sind (Tarifierung, 40 €), Lagerhaltung (0,5 €/Tag/Paket), .... Andre wollen eine Pauschale für die Dienstleistung der Verzollung. Kurz: Die Wege des Gebührenerfindens sind mannigfaltig und bei kleinen Warenwerten kann die Summe der geforderten Kosten und Gebühren den Warenwert mit Pech deutlich übersteigen.
Dieses Vorgehen wirkt alles in Allem ein bisschen semilegal (und ist es vermutlich auch), ist aber anscheinend üblich. Es nennt sich "Geschäftsführung ohne Auftrag" und erspart immerhin den Weg zum Zollamt. Eigentlich eine nette Dienstleistung. Potentiell illegal wird das u.a.dadurch, dass die Versanddienstleister meist nicht vorher fragen, ob sie die Verzollung unberhaupt (und ggf. gegen Entgelt) erledigen sollen. Laut Art. 5 Abs. 4 2. UA des Zollkodex ist aber bei Vertretung bei der Verzollung eine Vollmacht des Empfängers zwingend erforderlich - die haben die Dienstleister aber zu dem Zeitpunkt nicht. Nach §5 Abs. 2 ZollVG hat nur die Deutsche Post AG (nicht deren Töchter DHL-Express und DHL!) das Recht Zollanmeldungen in Vertretung des Empfängers abzugeben, ohne eine Vollmacht zu besitzen. Alle anderen Transportunternehmen (auch DHL und DHL Express) sind private Kurierdienste und dürfen das nicht.
Was die Dienstleistungsgebühren angeht: in Deutschland gilt immer noch "Ohne Beauftragung kein Anspruch auf Bezahlung"... Es kommt noch besser: Derjenige der den Zoll übernimmt ohne Vollmacht ist laut Art. 201 Abs 2 und 3 ZK, bzw Art. 5 Abs 4 UA 2 ZK Zollschuldner. Durch die nicht beauftragte Verzollung wird also das Transportunternehmen zollpflichtig und nicht mehr der Empfänger; mangels Beauftragung hat das Transportunternehmen aber wiederum keine finanziellen Ansprüche gegenüber dem Empfänger und natürlich auch keine Eigentumsansprüche an der verzollten Ware - die gehört ja unstrittig dem eigentlichen Empfänger.
Diese Meinung vertraten auch die Verbraucherzentrale Hessen und die Oberfinanzdirektion Koblenz bereits
www.verbraucher.de]]2003[/url] und forderten Verbrasucher auf, Gebühren und Einnfuhrabgaben von den Transportunternehmen zurückzufordern. Genauer gesagt muss demnach der Verbraucher bei einer Verzollung ohne Auftrag nicht nur keine wie auch immer gearteten Gebühren zahlen, auch die entrichteten Importabgaben gehen zu Lasten des Transportunternehmens...
Die Praxis sieht leider nicht so schön aus: Wer die ggf. nachträglich vorgelegte Vollmacht nicht unterzeichnet und zwar die Importabgaben begleicht, nicht aber für die unbestellte Dienstleistung bezahlen möchte dem wird dann mit Pech die Herausgabe der Ware verweigert - spätestens da könnte es dann anfangen strafrechtlich relevant zu werden... Aus einer eigentlich hilfreichen Dienstleistung machen die Versender also gerne mal ein Ärgernis mit eigenmächtig festgelegten, unkalkulierbaren, unrechtmässigen und versteckten Kosten beliebiger Höhe. Einige Informationen zu dieser Praxis gibt es z.B.
hier,
hier,
hier,
hier,
hier und
hier. Bei Sendungen aus China kann u.U.
dies hilfreich sein.
Zumindest was die Vorlageprovision angeht scheint die standardmässig zu Entfallen mangels Rechtsgrundlage (auch wenn sie auf der Rechnung ausgwiesen ist), wenn man das verauslagte Geld ohne die Provision binnen 10 Tagen bezahlt (da die Transportunternehmen ihrerseits eine Kreditlinie beim Zoll haben und das Geld daher in Wirklichkeit gar nicht vorgestreckt haben in diesem Zeitraum). Weiteres für den Fall von DHL Express
hier.
In
diesem Thread finden sich zahlreiche Hinweise und Beispiele wie man sämtliche Nebenkosten ausser den staatlichen Importabgaben erfolgreich zurückfordern kann - man ist eindeutig im Recht. Ein dickes Fell und Zeit sollte man da aber wohl besser mitbringen... Gegen das Bezahlen der staatlichen Importabgaben wird wohl auch kaum einer was haben und auch nicht gegen die Dienstleistung des Verzollens (notfalls gegen eine geringe, fixe Gebühr, wobei das je eigentlich schon im recht teuren internationalen Versand includiert sein sollte) - gegen unkalkulierbare Zusatzkosten, falsche Abwicklung mit hohen ungerechtfertigten Angaben und undurchsichtige Rechnungslegung dagegen schon.
Alternativ kann man natürlich auch selbst verzollen - wer Zeit hat und das Zollamt in der Nähe für den mag das ein guter Weg sein - allerdings haben sich einige der Kurierdienste mittlerweile saftige Extragebühren dafür ausgedacht, wenn sie das Paket zum Zollamt bringen sollen. In jedem Fall ist das Selbstverzollen zeitaufwändig. Beim Unterschreiben von Schriftstücken von Kurierdiensten vor oder nach der Lieferung sollte man vorsichtig sein, damit man keine Kostenfalle damit aufmacht oder für die Zukunft eine Vollmacht abgibt mit entsprechemden Kostenkonsequenzen: Mit der Begleichung des ausländischen Portobetrags sind jegliche Zustellkosten abgegolten. Lediglich EUSt. und ggf. Zoll sind zu zahlen, für die Berechnung der Abgaben erhebt der deutsche Zoll beim Empfänger keine Gebühren. Die Kurierdienste schon - dürfen dürfen sie das aber nur, wenn sie dazu einen Auftrag haben... Einen guten Überblick über die Materie incl. Handlungsempfehlungen gibt es
hier.
Völlig unproblematisch stellt sich die Verzollung bei einigen grossen Versendern wie z.B. Amazon USA dar: Dort bezahlt man bereits beim Kauf die voraussichtlichen Importabgaben im Zielland im Voraus mit. Etwaige Überzahlungen werden nach erfolgter Verzollung automatisch direkt von z.B. amazon zurückerstattet.
- Die Zollwerte bzw. Zollhöhe werden bestimmt durch die Tariccodes, der für Fahrräder ist 8712. Da die europäische
Taricdatenbank ein
unübersichtlicher Bürokratieberg ist gibt es erfreulicherweise eine Reihe Webseiten und Apps, die die Berechnung vereinfachen, z.B.:
[
www.import-shopping.de] (ein bisschen minimalistisch)
[
www.dutycalculator.com]
Eine recht benutzungsfreundliche Smartphone-App "Zoll und Post" gibt es vom deutschen Finanzministerium - Empfehlung: iPhone: [
itunes.apple.com] Android: [
play.google.com]
Für Selbermitbringer gibt es Identisches in der Geschmacksrichtung "Zoll und Reise": [
itunes.apple.com]
- Mit konkreten Zahlen hinterlegt werden so aus Fahrradteilen mit z.B. 200 € Warenwert und 25 € Versandkosten bei 4,7% Zoll:
(225 € * 1,047) * 1,19 = 280,33 € Endpreis, plus ggf. Zoll-Nebenkosten vom Versanddienstleister
Bei Teilen für lediglich 100 Euro plus 10 Euro Versand wird es billiger (siehe dazu unter "Sonderregelungen" im nächsten Absatz)
110 € * 1,19 = 130,90 € Endpreis, plus ggf. Zoll-Nebenkosten vom Versanddienstleister
Bei einem kompletten Fahrrad für 1000 € und 100 € Versandkosten, nicht aus China, also 14% Zoll:
(1100 € * 1,14) * 1,19 = 1.492,26 € Endpreis, plus ggf. Zoll-Nebenkosten vom Versanddienstleister
und wenn das gleiche Rad aus China kommt mit zusätzlichen 45% Anti-Dumping-Zoll:
(1100 € * 1,14 + 1100 * 0,45) * 1,19 = 2.081,31 € Endpreis, plus ggf. Zoll-Nebenkosten vom Versanddienstleister
Da können wir froh sein, dass die Brommis aus UK kommen und hoffen, das die Briten in der EU bleiben und zum Glück kaufen wir in fernen Landen nur Teile und keine ganzen Fahrräder...
-> Fortsetzung im nächsten Posting