Im November letzten Jahres hat unsere Bundesregierung in ihrer unendlichen Weisheit mal wieder ein neues Gesetz verabschiedet, das weitgehend unbemerkt zum 1.1.2023 in Kraft getreten ist, das "Plattformen-Steuertransparenzgesetz" (PStTG). Also genauer heisst das Ding eigentlich "Gesetz über die Meldepflicht und den automatischen Austausch von Informationen meldender Plattformbetreiber in Steuersachen (Plattformen-Steuertransparenzgesetz - PStTG)".
Das ganze dient zur Umsetzung einer EU-Richtlinie und die grundsätzliche Intention scheint nachvollziehbar: Menschen, die auf irgendwelchen Marktplätzen und Kleinanzeigenplattformen im Internet Waren und Dienstleistungen anbieten unter dem Deckmäntelchen des Privatnutzers und damit relevantes Einkommen an der Steuer vorbei erzielen sollen das künftig nicht mehr so einfach tun können. Sprich es geht um Steuerhinterziehung. So weit so nachvollziehbar.
Um da Gegenzusteuern werden die Plattformbetreiber wie etsy, ebay, ebay Kleinanzeigen etc. verpflichtet, solche Umsätze automatisiert an die Finanzbehörden zu melden. Erscheint immer noch nachvollziehbar, bei der konkreten Umsetzung bzw. Umsetzbarkeit kommen mE jedoch viele Fragen auf. Die können uns jedoch erst mal egal sein, uns interessiert eigentlich nur ob und ggf. wie das unser Forum betrifft. Und das sieht irgendwie nach schlechten Nachrichten aus, zumindest auf den ersten, schnellen Blick.
Ich habe mir das Gesetz durchgelesen und obwohl ich einigermaßen hartgesotten bin was Gesetzestexte angeht hat mir nach kurzer Zeit das Hirn geflimmert und ich musste mal wieder an den neulich schon zitierten Absatz aus dem "Handbuch der Rechtsförmlichkeit" des Bundesjusitzministeriums denken:
Vorschriftentexte müssen sprachlich richtig und möglichst für jedermann verständlich gefasst sein (§ 42 Absatz 5 Satz 1 GGO). Wer Rechtsvorschriften formuliert, muss also darum ringen, sie sprachlich so genau zu fassen, wie es nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Die Betroffenen sollen auf Grund der gesetzlichen Regelung in der Lage sein, den rechtlichen Rahmen ohne juristische Beratung zu erkennen und ihr Verhalten entsprechend auszurichten. (...) Insofern besteht eine enge Beziehung zum (inhaltsbezogenen) verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot (Rn. 52 Punkt 7.1. der verfassungsrechtlichen Kontrollfragen); nur eine klare Gesetzessprache schafft Normenklarheit. Gesetze, die sich nur „mit subtiler Sachkenntnis, außerordentlichen methodischen Fähigkeiten und einer gewissen Lust zum Lösen von Denksport-Aufgaben“20 erschließen, erfüllen diese Ansprüche nicht.
Das vorliegende Gesetz erfüllt das in meinen Augen definitiv nicht...
Im PStTG heisst es nun:
(1) Eine Plattform ist jedes auf digitalen Technologien beruhende System, das es Nutzern ermöglicht, über das Internet mittels einer Software miteinander in Kontakt zu treten und Rechtsgeschäfte abzuschließen, die gerichtet sind auf
1. die Erbringung relevanter Tätigkeiten (§ 5) durch Anbieter für andere Nutzer oder
2. die Erhebung und Zahlung einer mit einer relevanten Tätigkeit zusammenhängenden Vergütung.
Eine Plattform liegt auch vor, wenn der Betreiber des Systems mit Anbietern oder anderen Nutzern Rechtsgeschäfte abschließt, die auf die Nummern 1 oder 2 in Satz 1 gerichtet sind. Unbeschadet der Sätze 1 und 2 handelt es sich unter anderem nicht um eine Plattform, wenn die Software ausschließlich ermöglicht:
1. die Verarbeitung von Zahlungen, die im Zusammenhang mit einer relevanten Tätigkeit erfolgen;
2. das Auflisten einer relevanten Tätigkeit oder die Werbung für eine relevante Tätigkeit durch Nutzer oder
3. die Umleitung oder Weiterleitung von Nutzern auf eine Plattform.
(2) Ein Plattformbetreiber ist jeder Rechtsträger, der sich verpflichtet, einem Anbieter eine Plattform ganz oder teilweise zur Verfügung zu stellen.
(3) Ein freigestellter Plattformbetreiber ist ein Plattformbetreiber, der
1. gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern nach § 11 oder
2. gegenüber der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union im Einklang mit den dort geltenden Rechtsvorschriften den Nachweis erbracht hat, dass die von ihm betriebene Plattform nicht von meldepflichtigen Anbietern genutzt werden kann.
(4) Ein meldender Plattformbetreiber ist ein Plattformbetreiber, bei dem es sich nicht um einen freigestellten Plattformbetreiber handelt und der
1. seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung
a) im Inland hat,
b) nicht im Inland hat, aber
aa) nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland eingetragen ist oder,
bb) eine Betriebsstätte im Inland hat und kein qualifizierter Plattformbetreiber (§ 7 Absatz 1) ist oder
2. kein qualifizierter Plattformbetreiber ist und
a) in keinem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach den dort geltenden Rechtsvorschriften steuerlich ansässig ist,
b) in keinem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Voraussetzungen entsprechend der Nummer 1 erfüllt und
c) eine Plattform betreibt, die
aa) die Erbringung relevanter Tätigkeiten durch meldepflichtige Anbieter ermöglicht oder
bb) die Erbringung relevanter Tätigkeiten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ermöglicht, wenn das unbewegliche Vermögen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union belegen ist.
Alles klar? Und das ist nur die Begriffsdefinition für das Wort Plattformbetreiber.... Weiter geht's:
§ 4 Nutzer; Anbieter
(1) Ein Nutzer ist jede natürliche Person oder jeder Rechtsträger, die oder der eine Plattform in Anspruch nimmt. Nutzer ist nicht der Plattformbetreiber.
(2) Ein Anbieter ist jeder Nutzer, der zu irgendeinem Zeitpunkt im Meldezeitraum auf einer Plattform registriert ist und eine relevante Tätigkeit anbieten kann.
(3) Ein bestehender Anbieter ist jeder Anbieter, der auf einer Plattform am 1. Januar 2023 registriert ist. Wird ein Rechtsträger zu einem Zeitpunkt nach dem 1. Januar 2023 erstmals meldender Plattformbetreiber, so gelten alle Anbieter, die zu diesem Zeitpunkt bereits registriert sind, als bestehende Anbieter.
(4) Ein aktiver Anbieter ist ein Anbieter, der im Meldezeitraum eine relevante Tätigkeit erbringt oder dem im Meldezeitraum eine Vergütung gezahlt oder gutgeschrieben wird, die im Zusammenhang mit einer relevanten Tätigkeit steht.
(5) Ein freigestellter Anbieter ist jeder Anbieter, der
1. ein staatlicher Rechtsträger ist,
2. ein Rechtsträger ist, dessen Aktien regelmäßig an einer anerkannten Wertpapierbörse gehandelt werden, oder ein verbundener Rechtsträger eines Rechtsträgers ist, dessen Aktien regelmäßig an einer anerkannten Wertpapierbörse gehandelt werden,
3. ein Rechtsträger ist, der im Meldezeitraum unter Inanspruchnahme derselben Plattform in mehr als 2 000 Fällen relevante Tätigkeiten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Bezug auf eine inserierte Immobilieneinheit (§ 6 Absatz 7) erbracht hat oder
4. im Meldezeitraum unter Inanspruchnahme derselben Plattform in weniger als 30 Fällen relevante Tätigkeiten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 erbracht und dadurch insgesamt weniger als 2 000 Euro als Vergütung gezahlt oder gutgeschrieben bekommen hat.
Ein Anbieter, der ausschließlich die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 oder Nummer 4 erfüllt, ist nur in Bezug auf die dort genannte relevante Tätigkeit ein freigestellter Anbieter.
§ 5 Relevante Tätigkeit; Vergütung
(1) Eine relevante Tätigkeit ist jede der folgenden Tätigkeiten, wenn sie gegen eine Vergütung erbracht wird:
1. die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an unbeweglichem Vermögen;
2. die Erbringung persönlicher Dienstleistungen;
3. der Verkauf von Waren;
4. die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an Verkehrsmitteln. (...)
Den Rest des Gesetzestextes erspare ich Euch mal - das Ding hat fröhliche 18 Seiten.
Kurz gesagt: Wer, in welcher Form auch immer, ein Kleinanzeigenangebot ermöglicht ist prinzipiell Plattformbetreiber und damit vom Gesetz betroffen. Also wohl auch wir. Umsätze von über 2000€ pro Jahr oder mehr als 30 Angebote pro Jahr und User müssen automatisiert an die Steuerbehörden gemeldet werden. D.h. wer ein Titan- oder Rohloff-Brommi verkauft oder ein Brompton Electric ist fällig. Und da das passieren kann sind die Bromptonauten als Plattform fällig.
Das bedeutet - folgt man den Buchstaben des Gesetzes - wir müssten
1. eine Schnittstelle zum Bundeszentralamt für Steuern implementieren und darüber automatisiert die Daten über Verkaufsangebote pumpen
2. zwingend von Anbietern auf dem Marktplatz validierte persönliche Daten erheben und diese weitergeben und zwar:
(2) Meldende Plattformbetreiber haben für jeden meldepflichtigen Anbieter, der eine natürliche Person ist, die folgenden Informationen zu melden:
1. den Vor- und Nachnamen;
2. die Anschrift des Wohnsitzes;
3. jede Steueridentifikationsnummer, die dem Anbieter erteilt wurde, und den jeweiligen Mitgliedstaat der Europäischen Union, der sie erteilt hat, oder, sofern keine Steueridentifikationsnummer vorhanden ist, den Geburtsort;
4. sofern vorhanden, die Identifikationsnummer für Umsatzsteuerzwecke;
5. das Geburtsdatum;
6. sofern vorhanden, die Kennung des Finanzkontos, es sei denn, in einer auf der Internetseite des Bundeszentralamts für Steuern veröffentlichten Liste ist angegeben, dass die zuständige Behörde des Mitgliedstaats der Europäischen Union, in dem der Anbieter als ansässig gilt oder in dem das unbewegliche Vermögen belegen ist, in Bezug auf das der Anbieter relevante Tätigkeiten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erbracht hat, die Kennung des Finanzkontos nicht zu verwenden beabsichtigt;
7. sofern vorhanden, den Namen des Inhabers des Finanzkontos, wenn er von dem Namen des Anbieters abweicht, sowie alle sonstigen der Identifizierung des Kontoinhabers dienlichen Informationen;
8. jeden Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Anbieter als ansässig gilt oder in dem das unbewegliche Vermögen belegen ist, in Bezug auf das der Anbieter relevante Tätigkeiten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erbracht hat;
9. jegliche Gebühren, Provisionen oder Steuern, die in jedem Quartal des Meldezeitraums von dem Plattformbetreiber einbehalten oder berechnet wurden;
Voraussetzung für die automatisierte Schnittstelle und die Datenerhebung ist wie gesagt nicht, dass das tatsächlich passiert mit den Umsätzen oder Verkaufsfrquenzen sondern daß es theoretisch möglich wäre.
Mal im Ernst: Die sind doch besoffen! Das ist weder realistisch noch leistbar, schon gar nicht für ein kleines Forum wie unseres. ergo stellt sich die Frage, ob wir nicht unseren Marktplatz schlicht einstellen müssen, um nicht im Knast zu landen.
Ersichtlich, daß Bürokraten und Politiker mal wieder komplett praxisferne Gesetze erstellen und um ein staatliches Problem zu lösen einen absurden, nicht zu rechtfertigenden Aufwand bei anderen erzeugen, der dazu führt, daß Monopole gestärkt werden. Facebook, ebay und Co können sich leisten, so einen Kram zu implementieren, wir nicht und anderen Kleine Anbieter auch nicht. Eine simple Ausnahmeregelung wäre jetzt nicht so schwer gewesen und darauf zu kommen, daß das sinnvoll und nötig wäre, auch nicht. Ergo: Wir brauchen Bundestagsabgeordnete als Forenmitglieder.
Nach dem Gesetz ist ja z.B. auch jeder betroffen, der seinen privaten Gebrauchtwagen verkauft. Das kann ja nicht steuerpflichtig sein. Ein LimitedEdition Brommi mit spekulativem Gewinn zu verkaufen vielleicht hingegen schon. Es empfiehlt sich also wohl so oder so künftig Kaufquittungen für alles und jedes pedantisch aufzuheben. Und vermutlich auch, kleine Dinge lieber wegzuschmeissen (oder zu verschenken) als zu verkaufen, wegen der 30 Artikel-Grenze pro Jahr.
Was werden wir tun? Im Moment ist noch Überlegensphase - ich bin erst gestern überhaupt auf das Thema gestossen. Wahrscheinlich: Erst mal abwarten, was die Grossen machen. Ein Angebotspreis ist ja nicht gleich einem Verkaufspreis, wenn der Anzeigenplattformbetreiber kein Payment anbietet kann er den Preis gar nicht wissen und auch nicht, ob das Angebot überhaupt verkauft wurde. Da sind unendlich viele Fragen offen. Und irgendwann wird hoffentlich auch irgendwem auffallen, dass Sie mit einer Riesenkanone auf ein sehr winziges Forum wie unseres schiessen.
Mal völlig ab davon, daß das Gesetz am 20.11. verabschiedet wurde und am 1.1. in Kraft trat. In der Zeit kriegt auch kein Facebook, ebay oder sonst irgendwer so was implementiert. Weder von den Voraussetzungen her, geschweige denn der technischen Umsetzung. Dass es diese Schnittstelle beim Bundeszentralamt für Steuern überhaupt schon gibt halte ich für unwahrscheinlich, dass sie dokumentiert und zugänglich wäre für illusorisch. Von den vielen Rechts- und Implementierungsfragen (der ganze Spass hat ja z.B. auch massive DSGVO-Auswirkungen) ganz abgesehen.
Sprich: Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass da jemand großes klagt, wenn das Thema mal irgendwem auffällt. Und solange sind wir alle illegal und gehen in den Untergrund. Danke, Regierung.
Plan B wäre, via der eh anstehendenden neuen Nutzungsbedingungen nicht nur, wie eh schon in der neuen Fassung drinstehend, die Nutzung des Marktplatzes auf private Kleinanzeigen zu beschränken sondern auch das Verkaufsvolumen zu deckeln.
Plan C wäre, das auch zu überwachen und
Plan D schliesslich, den Marktplatz zu schliessen für eigene Angebote. Hoffen wir, dass es nicht dazu kommt.
Das ganze dient zur Umsetzung einer EU-Richtlinie und die grundsätzliche Intention scheint nachvollziehbar: Menschen, die auf irgendwelchen Marktplätzen und Kleinanzeigenplattformen im Internet Waren und Dienstleistungen anbieten unter dem Deckmäntelchen des Privatnutzers und damit relevantes Einkommen an der Steuer vorbei erzielen sollen das künftig nicht mehr so einfach tun können. Sprich es geht um Steuerhinterziehung. So weit so nachvollziehbar.
Um da Gegenzusteuern werden die Plattformbetreiber wie etsy, ebay, ebay Kleinanzeigen etc. verpflichtet, solche Umsätze automatisiert an die Finanzbehörden zu melden. Erscheint immer noch nachvollziehbar, bei der konkreten Umsetzung bzw. Umsetzbarkeit kommen mE jedoch viele Fragen auf. Die können uns jedoch erst mal egal sein, uns interessiert eigentlich nur ob und ggf. wie das unser Forum betrifft. Und das sieht irgendwie nach schlechten Nachrichten aus, zumindest auf den ersten, schnellen Blick.
Ich habe mir das Gesetz durchgelesen und obwohl ich einigermaßen hartgesotten bin was Gesetzestexte angeht hat mir nach kurzer Zeit das Hirn geflimmert und ich musste mal wieder an den neulich schon zitierten Absatz aus dem "Handbuch der Rechtsförmlichkeit" des Bundesjusitzministeriums denken:
Vorschriftentexte müssen sprachlich richtig und möglichst für jedermann verständlich gefasst sein (§ 42 Absatz 5 Satz 1 GGO). Wer Rechtsvorschriften formuliert, muss also darum ringen, sie sprachlich so genau zu fassen, wie es nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Die Betroffenen sollen auf Grund der gesetzlichen Regelung in der Lage sein, den rechtlichen Rahmen ohne juristische Beratung zu erkennen und ihr Verhalten entsprechend auszurichten. (...) Insofern besteht eine enge Beziehung zum (inhaltsbezogenen) verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot (Rn. 52 Punkt 7.1. der verfassungsrechtlichen Kontrollfragen); nur eine klare Gesetzessprache schafft Normenklarheit. Gesetze, die sich nur „mit subtiler Sachkenntnis, außerordentlichen methodischen Fähigkeiten und einer gewissen Lust zum Lösen von Denksport-Aufgaben“20 erschließen, erfüllen diese Ansprüche nicht.
Das vorliegende Gesetz erfüllt das in meinen Augen definitiv nicht...
Im PStTG heisst es nun:
(1) Eine Plattform ist jedes auf digitalen Technologien beruhende System, das es Nutzern ermöglicht, über das Internet mittels einer Software miteinander in Kontakt zu treten und Rechtsgeschäfte abzuschließen, die gerichtet sind auf
1. die Erbringung relevanter Tätigkeiten (§ 5) durch Anbieter für andere Nutzer oder
2. die Erhebung und Zahlung einer mit einer relevanten Tätigkeit zusammenhängenden Vergütung.
Eine Plattform liegt auch vor, wenn der Betreiber des Systems mit Anbietern oder anderen Nutzern Rechtsgeschäfte abschließt, die auf die Nummern 1 oder 2 in Satz 1 gerichtet sind. Unbeschadet der Sätze 1 und 2 handelt es sich unter anderem nicht um eine Plattform, wenn die Software ausschließlich ermöglicht:
1. die Verarbeitung von Zahlungen, die im Zusammenhang mit einer relevanten Tätigkeit erfolgen;
2. das Auflisten einer relevanten Tätigkeit oder die Werbung für eine relevante Tätigkeit durch Nutzer oder
3. die Umleitung oder Weiterleitung von Nutzern auf eine Plattform.
(2) Ein Plattformbetreiber ist jeder Rechtsträger, der sich verpflichtet, einem Anbieter eine Plattform ganz oder teilweise zur Verfügung zu stellen.
(3) Ein freigestellter Plattformbetreiber ist ein Plattformbetreiber, der
1. gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern nach § 11 oder
2. gegenüber der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union im Einklang mit den dort geltenden Rechtsvorschriften den Nachweis erbracht hat, dass die von ihm betriebene Plattform nicht von meldepflichtigen Anbietern genutzt werden kann.
(4) Ein meldender Plattformbetreiber ist ein Plattformbetreiber, bei dem es sich nicht um einen freigestellten Plattformbetreiber handelt und der
1. seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung
a) im Inland hat,
b) nicht im Inland hat, aber
aa) nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland eingetragen ist oder,
bb) eine Betriebsstätte im Inland hat und kein qualifizierter Plattformbetreiber (§ 7 Absatz 1) ist oder
2. kein qualifizierter Plattformbetreiber ist und
a) in keinem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach den dort geltenden Rechtsvorschriften steuerlich ansässig ist,
b) in keinem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Voraussetzungen entsprechend der Nummer 1 erfüllt und
c) eine Plattform betreibt, die
aa) die Erbringung relevanter Tätigkeiten durch meldepflichtige Anbieter ermöglicht oder
bb) die Erbringung relevanter Tätigkeiten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ermöglicht, wenn das unbewegliche Vermögen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union belegen ist.
Alles klar? Und das ist nur die Begriffsdefinition für das Wort Plattformbetreiber.... Weiter geht's:
§ 4 Nutzer; Anbieter
(1) Ein Nutzer ist jede natürliche Person oder jeder Rechtsträger, die oder der eine Plattform in Anspruch nimmt. Nutzer ist nicht der Plattformbetreiber.
(2) Ein Anbieter ist jeder Nutzer, der zu irgendeinem Zeitpunkt im Meldezeitraum auf einer Plattform registriert ist und eine relevante Tätigkeit anbieten kann.
(3) Ein bestehender Anbieter ist jeder Anbieter, der auf einer Plattform am 1. Januar 2023 registriert ist. Wird ein Rechtsträger zu einem Zeitpunkt nach dem 1. Januar 2023 erstmals meldender Plattformbetreiber, so gelten alle Anbieter, die zu diesem Zeitpunkt bereits registriert sind, als bestehende Anbieter.
(4) Ein aktiver Anbieter ist ein Anbieter, der im Meldezeitraum eine relevante Tätigkeit erbringt oder dem im Meldezeitraum eine Vergütung gezahlt oder gutgeschrieben wird, die im Zusammenhang mit einer relevanten Tätigkeit steht.
(5) Ein freigestellter Anbieter ist jeder Anbieter, der
1. ein staatlicher Rechtsträger ist,
2. ein Rechtsträger ist, dessen Aktien regelmäßig an einer anerkannten Wertpapierbörse gehandelt werden, oder ein verbundener Rechtsträger eines Rechtsträgers ist, dessen Aktien regelmäßig an einer anerkannten Wertpapierbörse gehandelt werden,
3. ein Rechtsträger ist, der im Meldezeitraum unter Inanspruchnahme derselben Plattform in mehr als 2 000 Fällen relevante Tätigkeiten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Bezug auf eine inserierte Immobilieneinheit (§ 6 Absatz 7) erbracht hat oder
4. im Meldezeitraum unter Inanspruchnahme derselben Plattform in weniger als 30 Fällen relevante Tätigkeiten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 erbracht und dadurch insgesamt weniger als 2 000 Euro als Vergütung gezahlt oder gutgeschrieben bekommen hat.
Ein Anbieter, der ausschließlich die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 oder Nummer 4 erfüllt, ist nur in Bezug auf die dort genannte relevante Tätigkeit ein freigestellter Anbieter.
§ 5 Relevante Tätigkeit; Vergütung
(1) Eine relevante Tätigkeit ist jede der folgenden Tätigkeiten, wenn sie gegen eine Vergütung erbracht wird:
1. die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an unbeweglichem Vermögen;
2. die Erbringung persönlicher Dienstleistungen;
3. der Verkauf von Waren;
4. die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an Verkehrsmitteln. (...)
Den Rest des Gesetzestextes erspare ich Euch mal - das Ding hat fröhliche 18 Seiten.
Kurz gesagt: Wer, in welcher Form auch immer, ein Kleinanzeigenangebot ermöglicht ist prinzipiell Plattformbetreiber und damit vom Gesetz betroffen. Also wohl auch wir. Umsätze von über 2000€ pro Jahr oder mehr als 30 Angebote pro Jahr und User müssen automatisiert an die Steuerbehörden gemeldet werden. D.h. wer ein Titan- oder Rohloff-Brommi verkauft oder ein Brompton Electric ist fällig. Und da das passieren kann sind die Bromptonauten als Plattform fällig.
Das bedeutet - folgt man den Buchstaben des Gesetzes - wir müssten
1. eine Schnittstelle zum Bundeszentralamt für Steuern implementieren und darüber automatisiert die Daten über Verkaufsangebote pumpen
2. zwingend von Anbietern auf dem Marktplatz validierte persönliche Daten erheben und diese weitergeben und zwar:
(2) Meldende Plattformbetreiber haben für jeden meldepflichtigen Anbieter, der eine natürliche Person ist, die folgenden Informationen zu melden:
1. den Vor- und Nachnamen;
2. die Anschrift des Wohnsitzes;
3. jede Steueridentifikationsnummer, die dem Anbieter erteilt wurde, und den jeweiligen Mitgliedstaat der Europäischen Union, der sie erteilt hat, oder, sofern keine Steueridentifikationsnummer vorhanden ist, den Geburtsort;
4. sofern vorhanden, die Identifikationsnummer für Umsatzsteuerzwecke;
5. das Geburtsdatum;
6. sofern vorhanden, die Kennung des Finanzkontos, es sei denn, in einer auf der Internetseite des Bundeszentralamts für Steuern veröffentlichten Liste ist angegeben, dass die zuständige Behörde des Mitgliedstaats der Europäischen Union, in dem der Anbieter als ansässig gilt oder in dem das unbewegliche Vermögen belegen ist, in Bezug auf das der Anbieter relevante Tätigkeiten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erbracht hat, die Kennung des Finanzkontos nicht zu verwenden beabsichtigt;
7. sofern vorhanden, den Namen des Inhabers des Finanzkontos, wenn er von dem Namen des Anbieters abweicht, sowie alle sonstigen der Identifizierung des Kontoinhabers dienlichen Informationen;
8. jeden Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Anbieter als ansässig gilt oder in dem das unbewegliche Vermögen belegen ist, in Bezug auf das der Anbieter relevante Tätigkeiten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erbracht hat;
9. jegliche Gebühren, Provisionen oder Steuern, die in jedem Quartal des Meldezeitraums von dem Plattformbetreiber einbehalten oder berechnet wurden;
Voraussetzung für die automatisierte Schnittstelle und die Datenerhebung ist wie gesagt nicht, dass das tatsächlich passiert mit den Umsätzen oder Verkaufsfrquenzen sondern daß es theoretisch möglich wäre.
Mal im Ernst: Die sind doch besoffen! Das ist weder realistisch noch leistbar, schon gar nicht für ein kleines Forum wie unseres. ergo stellt sich die Frage, ob wir nicht unseren Marktplatz schlicht einstellen müssen, um nicht im Knast zu landen.
Ersichtlich, daß Bürokraten und Politiker mal wieder komplett praxisferne Gesetze erstellen und um ein staatliches Problem zu lösen einen absurden, nicht zu rechtfertigenden Aufwand bei anderen erzeugen, der dazu führt, daß Monopole gestärkt werden. Facebook, ebay und Co können sich leisten, so einen Kram zu implementieren, wir nicht und anderen Kleine Anbieter auch nicht. Eine simple Ausnahmeregelung wäre jetzt nicht so schwer gewesen und darauf zu kommen, daß das sinnvoll und nötig wäre, auch nicht. Ergo: Wir brauchen Bundestagsabgeordnete als Forenmitglieder.
Nach dem Gesetz ist ja z.B. auch jeder betroffen, der seinen privaten Gebrauchtwagen verkauft. Das kann ja nicht steuerpflichtig sein. Ein LimitedEdition Brommi mit spekulativem Gewinn zu verkaufen vielleicht hingegen schon. Es empfiehlt sich also wohl so oder so künftig Kaufquittungen für alles und jedes pedantisch aufzuheben. Und vermutlich auch, kleine Dinge lieber wegzuschmeissen (oder zu verschenken) als zu verkaufen, wegen der 30 Artikel-Grenze pro Jahr.
Was werden wir tun? Im Moment ist noch Überlegensphase - ich bin erst gestern überhaupt auf das Thema gestossen. Wahrscheinlich: Erst mal abwarten, was die Grossen machen. Ein Angebotspreis ist ja nicht gleich einem Verkaufspreis, wenn der Anzeigenplattformbetreiber kein Payment anbietet kann er den Preis gar nicht wissen und auch nicht, ob das Angebot überhaupt verkauft wurde. Da sind unendlich viele Fragen offen. Und irgendwann wird hoffentlich auch irgendwem auffallen, dass Sie mit einer Riesenkanone auf ein sehr winziges Forum wie unseres schiessen.
Mal völlig ab davon, daß das Gesetz am 20.11. verabschiedet wurde und am 1.1. in Kraft trat. In der Zeit kriegt auch kein Facebook, ebay oder sonst irgendwer so was implementiert. Weder von den Voraussetzungen her, geschweige denn der technischen Umsetzung. Dass es diese Schnittstelle beim Bundeszentralamt für Steuern überhaupt schon gibt halte ich für unwahrscheinlich, dass sie dokumentiert und zugänglich wäre für illusorisch. Von den vielen Rechts- und Implementierungsfragen (der ganze Spass hat ja z.B. auch massive DSGVO-Auswirkungen) ganz abgesehen.
Sprich: Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass da jemand großes klagt, wenn das Thema mal irgendwem auffällt. Und solange sind wir alle illegal und gehen in den Untergrund. Danke, Regierung.
Plan B wäre, via der eh anstehendenden neuen Nutzungsbedingungen nicht nur, wie eh schon in der neuen Fassung drinstehend, die Nutzung des Marktplatzes auf private Kleinanzeigen zu beschränken sondern auch das Verkaufsvolumen zu deckeln.
Plan C wäre, das auch zu überwachen und
Plan D schliesslich, den Marktplatz zu schliessen für eigene Angebote. Hoffen wir, dass es nicht dazu kommt.
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