Du hast anscheinend mehr Informationen als andere - demnach war es Vorsatz?
Oder könnte der fast 60jährige Fahrer die Ampel evtl. auch schlicht übersehen haben...?
Es wäre empfehlenswert, sich die zumindest die diversen Zeitungsberichte zu dem Unfall bis hin zum Prozessergebnis durchzulesen, bevor man sich eine Meinung bildet. Z.B. sagten lt. Zeitungsberichten Zeugen, der Fahrer habe sogar noch beschleunigt auf dem Weg zur roten Ampel - und ist unstrittig gleichzeitig an einer Reihe Autos, die vor eben dieser roten Ampel warteten vorbeigerast. Gerast muss man so sagen, denn er war auch schneller unterwegs, als auf diesem Strassenabschnitt überhaupt erlaubt.
Ich verstehe die Bestürzung und Empörung über das Urteil vollkommen. Dennoch ist es in meinen Augen nicht zielführend, an einem Einzelfall, über den die Diskutanten begrenzt viel wissen, die Welt aufrollen zu wollen. Doch eines ist offensichtlich: Die Strafen für Tötung anderer im Strassenverkehr sind in Deutschland im internationalen Vergleich verblüffend niedrig. Auch im Vergleich zum prinzipiell gesetzlich möglichen Strafrahmen. Und das im Serienmodus - man könnte gerade hier aus Berlin reihenweise Fälle auflisten.
Das hat zu der sarkastischen Empfehlung geführt, dass, wenn man in Deutschland jemanden umbringen möchte, das am besten mit einem Auto tun solle - die Chancen mit einer sehr niedrigen Strafe oder ganz straffrei davonzukommen seien sehr gut (ganz im Gegensatz zu denen bei anderem Vorgehen).
Fakt ist: Ein über 2 Tonnen schweres Stück Metall mit hoher Geschwindigkeit durch belebte Gegenden zu bewegen birgt objektiv erhebliche Gefahren und erfordert eine hohe Verantwortung bei dem, der das tut. Mit überhöhter Geschwindigkeit über eine rote Ampel zu rasen an einer Warteschlange vorbei in einer Situation, in der es keinerlei erkennbare Sichtbehinderungen oder ähnliches gab, dabei mutmaßlich sogar noch zu beschleunigen und dabei ein Kind zu töten erfordert ein gehöriges Maß an Ignoranz und Unaufmerksamkeit und wird den Anforderungen an Verantwortung im Strassenverkehr nicht im mindesten gerecht.
Wenn die Konsequenz daraus 9 Monate Gefängnis, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung, sowie 6 Monate Führerscheinsperre sind ist das ein beeindruckend geringer Preis für ein Leben. Noch weniger, wenn man bedenkt, daß Leute für Schwarzfahren im ÖPNV reihenweise tatsächlich im Gefängnis sitzen und auch der eine oder andere Klimakleber zu Haft ohne Bewährung veurteilt wurde und in Bayern gar einige eingesperrt wurden, ohne dass sie überhaupt etwas getan hätten sondern nur, weil die Polizei behauptete, dass sie etwas tun könnten.
Nicht alles, was hinkt, ist ein geeigneter Vergleich. Aber dennoch: Da ist die Verhältnismässigkeit definitiv aus den Fugen geraten und man kommt nicht umhin zu konstatieren, dass es in Deutschland auch bei Polizei und Justiz einen Autofetisch zu geben scheint (und auch in der Bevölkerung), der es als normal und völlig entschuldbar ansieht, sich völlig unverantwortlich zu verhalten, weil man ja Auto fährt. Und wenn man dabei jemanden tötet dann ist das hinzunehmen und kein allzu grosses Problem.
Also lebenslänglich - oder was wäre Dein Urteil?
Was das lebenslänglich angeht: Auch das kann möglich sein. Stichwort "Kudamm-Raser". Das Urteil war aber eine extreme Ausnahme und eine Novität nach 100 Jahren Automobilgeschichte.
Wenn jemand - in meinen Augen nachvollziehbarerweise - das Urteil im Fall Louisa für falsch hält ist es ein billiger (und in meinen Augen vollkommen unangemessener) Rhetorischer Trick, denjenigen in die extreme Ecke zu schieben zu versuchen und zu unterstellen, er fordere (um dasselbe Argumentationsschema zu benutzen) für jeden Parkverstoss "lebenslängliche Haft" für Autofahrer.
Auf diese Art und Weise lässt sich gewiss keine sinnvolle Diskussion führen.