(Fortsetzung)
Zum verbauen der S/A muss der Kettenspanner modifiziert werden - durch das grössere Ritzel brauchen die Röllchen mehr Abstand zur Nabe. Hier führen mehrere Wege nach Rom. Die älteste und einfachste Modifikation ist es, den Kettenspanner mit einer Platte nach unten zu versetzen. Das ist etwas unelegant und aus diesem Versetzen resultiert das Gerücht, bei der S/A am Brommi liefe der Kettenspanner Gefahr Bodenkontakt aufzunehmen und deswegen sei das ein Scheissumbau. Dieses Vorgehen ist längst nicht mehr üblich, stattdessen werden die Ärmchen des Kettenspanners verlängert und gleichzeitig die Röllchen etwas nach innen versetzt. Auch dafür gibt es wiederum diverse Rezepte, je nach Umbauer:
- mein Umbau ist von Tillercycles (gibt es nicht mehr). Graham hat für den Kettenspanner zwei massive Auluteile gefräst, mit denen die Arme jeweils ca. 1cm verlängert werden und leicht nach innen versetzt. Gleichzeitig kam ein kleiner Spacer zwischen Rahmen und Kettenspanner (ebenfalls custom made), der den Spanner wiederum 2-3mm nach aussen versetzt hat. Funktionierte sehr gut. Ich habe die 50/25 Variante, wie sie damals von Graham angeboten wurde.
- Ben Cooper verbaute in seinem Kit im Gegensatz dazu 36/20. Er verlängerte in den späteren Varianten des Kits die Arme mit gebogenen Blechstreifen.
- der dritte im Bunde der Umbauer ist oder war der Faltraddirektor aus Berlin. Wie er den Umbau macht weiss ich nicht - er macht ein Riesengeheimnis draus und ruft oder rief dafür einen eher exorbitanten Preis auf (ich habe dort länger nicht mehr nachgeschaut)
Interessanterweise bietet ausser dem Faltraddirektor keiner der drei mehr dem Umbau an. Graham ist in Rente und hat seinen Laden aufgegeben, er hatte aber schon einige Jahre vorher sich von der X-RF 8 verabschiedet, da sie zu viele Zicken machte und es zu viele Reperaturfälle gab. Stattdessen schwenkte er auf die Shimano Alfine 8 (Hinterbauspreizung erforderlich), die er schon länger parallel angeboten hatte. Meine X-RF 8w war eine der letzten, die er verkaufte.
Bei Ben Cooper ist sie vor einiger Zeit kommentarlos von der Webseite verschwunden - ich würde vermuten, er hat mit den Rohloff-Umbauten genug zu tun. Vielleicht bietet er auf Nachfrage auch immer noch eines an - keine Ahnung. Bei seinem Kit zum Selbsteinbau der X-RF8w gab es immer mal wieder Beschwerden über abfallende Ketten.
Das Verbauen der Kits ist nicht schwer - bei der Cooper Variante muss man zusätzlich die Kurbel wechseln, da das kleine Kettenblatt nicht auf die Serienkurbel passt. Der Faltraddirektor bot nie einen Kit an sondern immer nur Umbau in seiner Werkstatt.
Die Nabe muss asymmetrisch eingespeicht werden - rechts normale Speichung, links kürzer und radial - in der Praxis macht das keine Probleme.
Nota Bene:
Auf einem asiatischen Blog flext einer grob am Hinterbau rum, zwecks Verbauens der Sturmey 8-Gang. Das ist unnötig, scheint aber den Bildern die Kettenspannermodifikation zu ersparen. Ich hätte dennoch Zweifel.
Wie ist nun die Praxis mit der X-RF8w? Ich würde sagen mittelprächtig. Ich hatte von einer Dreigangnabe umgerüstet und war recht angetan von den zusätzlichen Übersetzungen. Die Nabe braucht zwischen 500km und 2000km zum Einlaufen, danach schaltet sie merklich besser und läuft leichter. Bis dahin will sie recht hochfrequent nachjustiert werden am Schaltzug und gerne ergibt sich zwischen 4. und 5. Gang (bzw. anstelle eines dieser Gänge) ein Leerlauf, wo keiner sein sollte und auch ansonsten ist das Schaltverhalten gelegentlich eher erratisch.
Nach der Einlaufphase ist das deutlich besser, eine gewisse Zickigkeit bleibt, die Nabe ist ein kleines Sensibelchen und kein Wunderwerk an Effizienz. Da ich sie auch in einem 20" Moulton gebraucht erworben habe kann ich sagen, dass das bei beiden meiner Exemplare gleichermassen auftritt, also nicht auf einen Einzelfall beschränkt ist.
Geschaltet wird über einen Drehgriff, das ist problemlos und kraftarm, wenn sie aber zickt hat man beliebig viele Gänge, die nicht rein wollen oder mehr oder weniger lustige Geräusche produzieren.
Mit Hauptursache für das sensible Verhalten ist der Schaltzug: Er wird an der Nabe seitlich eingehängt und dreht sich dann beim Schalten rund um die Nabe. Die Klemmung erfolgt in einer flachen Schrauben-Mutter-Kombi und da ist eine Ursache des Übels: Der Zug muss sehr knapp und sehr präzise abgelängt werden, andernfalls stört er die Kreis-Bewegung des aussenliegenden "Schaltrings". Naturgemäss ist das bei der Ersteinstellung ziemlich nervig, weil man da ja noch nicht genau weiss, wie lang er wirklich sein muss - zu kurz ist sozusagen noch schelchter als zu lang und zu lang ist schon extrem schlecht.

Zweitens kann man besagtes Klemmstück leicht verkantet in den Schalting einbauen, wenn man nicht aufpasst - auch dann schaltet's fürderhin schäbig. Ist der Zug zu lose kann dieses Verkanten im höchsten Gang, wo die Zugspannung am niedrigsten ist, auch von alleine erfolgen - auch dann schaltet's fürderhin schäbig.
Auch gern genommen: Ist der Zug zu lose springt er in den höheren Gängen mit Pech aus seiner Führungsnut im Schaltring und dann ist's essig mit dem Schalten.
Um so ein Verkanten oder ander Malaisen zu korrigieren muss das Rad auf den Kopf - ein Montageständer ist extrem hilfreich. Raus muss das Rad nicht, aber der Kettenspanner ab und es ist schmierig, pieksig und fummelig - es ist also insgesamt eine eher nervige Angelegenheit, mit der man in der Einfahrphase eine gewisse Routine entwickelt, die allerdings die Liebe zur Nabe wohl nur bei ausgesprochenen Masochisten steigern dürfte.
Ab davon muss in der Einfahrphase häufiger am Zuglängeneinsteller am Schaltgriff nachjustiert werden - segensreicherweise ist er vorhanden, an kann nur hoffen, dass der Verstellbereich ausreicht denn andernfalls muss man hinten ran und an der Klemmutter mm-weise kürzen.
Massive Besserung brachte der Wechsel des Schaltzugs - der von S/A mitgelieferte ist sehr flexibel und macht es der Nabe leicht, ihn zu biegen und zu verknödeln - dann bleibt die Schaltung beim Schalten hängen aufgrund der beengten Platzverhältnisse im Brompton Hinterbau, bis ein segensreiches Schlagloch oder auch nur eine Bodenunebenheit für Erschütterung und damit Bewegung sorgt. Mit einem steiferen Edelstahlschaltzug sieht die Sache ganz anders aus. Nach der Einfahrphase schaltet es sich weitgehend problemlos und die Zickigkeit ist weitgehend verflogen. Gelegentliches Nachjustieren am Zugeinsteller am Schalthebel ist noch nötig, aber selten. Sprich: Ein vernünftiger Schaltzug ist dringend angeraten.
Voraussetzung ist eine sehr sorgfältige Grundeinstellung. Die erfolgt S/A typisch mit bunten (roten und gelben) Punkten, die in bestimmten Gängen durch irgendwelche Löchlein zu sehen sein müssen und ist etwas nervig, da man da ggf. x-fach besagte Klemmschraube des Schaltzugs nachjustieren muss (wie oben beschrieben nervig) und dabei mit Pech die Grundlage zur späteren Schaltzugverknödelei liefert. Wenn das erfolgreich durchlitten ist und ein vernünftiger Schaltzug verbaut gibt es eigentlich wenig Kummer. Hektisches Schalten mag sie nicht und versehentliches Schalten unter Last so richtig gar nicht, aber daran gewöhnt man sich.
Charmanter Vorteil: Man kann (nach der Einfahrzeit) unter Last schalten ohne, dass was passiert, sobald man den Druck auf dem Pedal deutlich verringert flutscht der gewählte Gang dann rein und man kann mit der gewünschten Übersetzung weiterpedalieren. Quasi eine Gangvorwahl - ganz lustig beim Fahren im Stadtverkehr, aber jetzt nicht wirklich ein offizielles "Feature" und gleich gar keines, das ich bei anderen Schaltungen vermissen würde.
In der Summe hat mich die Nabe dennoch nicht so wirklich glücklich gemacht. Am besten waren die eng gestuften Gänge im inneren Bereich, davon 2-3 mehr und die Welt wäre fein gewesen. Mit den beiden grossen Gangsprüngen in den äusseren Gängen bin ich nie warm geworden und fand sie nervig Die Zickigkeit hat sich wie gesagt weitgehend gegeben, allerdings hatte ich immer das Gefühl merkbarer Ineffizienz der Nabe. Das ist nicht gemessen und sicherlich auch befördert durch die Geräuschkulisse - die ist nicht sonderlich laut, hört sich aber je nach Gang an wie eine Mischung zwischen einem Schwarm Bienen und Raumschiff Enterprise auf Warpantrieb. Man hört sozusagen, wie Teile der Tretkraft in Geräusch verwandelt werden und im inneren der Nabe von den zahlreichen Zahnrädern tropfen. Bzw. kam es mir immer so vor - gemessen habe ich wie gesagt nichts.
Da das Bessere des Guten Feind ist flog die Nabe daher nach einiger Zeit raus und machte einer BWR Platz, die fühlbar effizienter war, aber deren Gangsprünge mich nicht froh machten. So kam es dann zur Entwicklung meines bekannten Neunfach-Umbaus auf BWR-Basis, der mit 327% Spreizung diesbezüglich nahezu identisch zur S/A ist, aber durchgängig gleichmässige ~15 Schaltsprünge hat und eine hohe Effizienz.
Nervig blieben die zwei Schalthebel (für viele mit ein Hauptgrund zum Umbau auf Nexus oder XRF-8) und so landete ich dann schlussendlich (mal wieder) bei der Rohloff als ultimativem Problemlöser.
Die XRF-8w läuft mittlerweile in meinem Brecki und da macht sie sich ausgesprochen gut - das Brecki ist kein besonders schnelles Rad, die Übersetzung geringfügig anders und die Kadenz tendenziell leicht höher, hektisches Schalten kommt nicht vor, für mich ist das eher ein gemütliches Geniesserrad. Da harmoniert die Schaltung prima, der Rettungsring mit kurzem ersten Gang ist am Liegerad aufgrund fehlnder Wiegetrittmöglichekeit sehr willkommen und der höchste Gang kommt kaum je zum Einsatz und wenn dann zum gemütlichen Cruisen auf babypopo-Strecke in der Ebene oder halt bergab. So hat sie dann ihren Frieden gefunden bei mir.
Im Vergleich zur Nexus würde ich sagen: Die Nexus dürfte die alltagstauglichere Schaltung sein aufgrund geringerer Zickigkeit. Auch die mag ich nicht so furchbar gerne (ich fahre sie als Premium-Version it Drehschaltgriff in einem Bernds sowie als Alfine-8 mit Rapid Fire-Schalter im Lastenrad). Im Lastenrad merkt man dank des Motors nichts von der Ineffizienz, dafür hat sie oft ihre liebe Mühe, den gewählten Gang auch wirklich einrasten zu lassen. Im Bernds tut sie völlig problemlos was sie soll, den recht grossen Gangsprung von fünf nach sechs finde ich allerdings nervig und im Vergleich zur Rohloff oder auch der BWR versickert schon mehr Kraft in der Nabe, so mein Eindruck und bedauerlicherweise ist der fünfte Gang der Nexus der effizienteste, wie die Messung der Fahrradzukunft ergeben hat (hier dargestellt als Inter-8), davor und danach geht's bergab:
Quelle
Das ist natürlich etwas blöd, weil der fünfte bei dieser Schaltung nicht mein meistgentutzer Gang ist und wie oben im Schaltdiagramm zu sehen, mit 4,18m ein bisschen kurz für den Dauereinsatz. Übersetzte man deutlich länger gebricht es der ganzen Angelegenheit an Bergtauglichkeit.
Das Fehlen eines Direktgangs empfinde ich schmerzhaft. Frau Edit sagt: Der fünfte IST ein Direktgang.
Eine solche Effizienzmessung für die Sturmey Archer X-RF 8w ist mir nicht bekannt, ich bin aber sicher, sie würde gewiss nicht auf dem Siegerpodest stehen.
Resümee:
Trotz meiner kritischen Anmerkungen sind beide, Nexus 8 wie X-RF 8w, eine gute Alternative, wenn man die BWR nicht mag aufgrund der Bedienung durch die beiden Schalthebel. Beide bringen ca. 1kg Speck zusätzlich auf die Rippen, beide sind keine Effizienzkönige. Aber man kann mit beiden diesbezüglich gut leben, wenn man sich nicht für Effizienztabellen interessiert sondern einfach nur fahren will. Beide eliminieren den Kettungschaltungsteil des Brommi als Fehlerquelle (meist geht sie, wenn sie's nicht tut wird es nervig) und bei beiden dürfte aufgrund dessen auch der Ritzelverschleiss geringer sen. Die geringfügig höhere Spreizung der Sturmey Archer ist nicht so fürchterlich relevant mehrwerthalber, wesentlich interessanter ist da das eigene Schalt- und Tretverhalten, ob man eher die beiden Rettungsringe oben und unten bevorzugt oder das halbwegs gleichmässige Abgestufte der Nexus. Im inneren Bereich finde ich die Abstufung der Sturmey deutlich angenehmer, allerdings braucht sie Zeit und etwas Liebe, bis sie ein verlässlicher Partner wird. Ungefähr so, wie wenn man einen Welpen erzieht.

Die Nexus ist demgegenüber von Tag eins an umproblematisch, aber auch ein bisschen langweilig.

Die Beschaffung der S/A scheint gerade nicht einfach - die üblichen Quellen haben sie aktuell sämtlich nicht gelistet und die Kits scheint es zumindest auf den ersten Blick nicht mehr zu geben. Die Sturmey ist also eher was für Selberbauer. Punkten tut sie durch den Entfall der Hinterbauspreizung.
Als Alltagsradler mit überschaubarem Interesse an Schraubereien würde ich persönlich vermutlich heute die Nexus von Juliane nehmen. Macht einfach weniger Stress und funktioniert gut.
Bilder:
8-Gang-Umbau vom Faltraddirektor: Man sieht:
- kleineres Blatt auf Serienkurbel
- nach innen versetzte Röllchen am Umwerfer
- irgendwie versetzter Kettenspanner
Umbau mit Tillercycles Kit am Brecki:
Man erkennt bei genauem Hinsehen die verlängerten Umwerferarme.
Hier die Variante Ben Cooper, die gegen die gefrästen Aluteil von Tiller ziemlich abstinkt:
(Bilder des Cooper Umbaus von
hier, das Brecki ist meines und die Bilder vom Faltrad-Direktor-Umbau stammen von einer Kleinanzeige vor einigen Jahren)
PS: Spezifikation, Explosionszeichnung und Anleitung zur X-RF 8w finden sich in der
Ressourcensektion des Forums, ebenso diverse Materialien zu Nexus